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Arbeitsgebiet: Spinpolarisation in der Kern- und Teilchenphysik
Aufgrund des fermionischen Charakters von Nukleonen und Quarks spielt der Freiheitsgrad des Spins eine entscheidende Rolle im Verständnis der Struktur von Atomkernen und Hadronen. Eine direkte Methode zur Untersuchung von Spineffekten sind Reaktionen, bei denen zumindest einer der beiden Reaktionspartner in geeignet selektierten magnetischen Unterzuständen des Spindrehimpulses präpariert ist. So aufbereitete Strahlen oder Targets nennt man polarisiert. Unsere Arbeiten mit spinpolarisierten Kernen haben folgende Schwerpunkte:
Spektroskopie angeregter Kernzustände
Aufgrund der hervorragenden Energiestabilität des Münchener Beschleunigers, der einzigartigen Energieauflösung des Q3D-Magnetspektrographen und der von uns entwickelten Detektoren können angeregte Zustände von Kernen besonders gut aufgelöst werden. Die Verwendung polarisierter Strahlen ermöglicht in vielen Fällen die Quantenzahlen der beobachteten angeregten Kernzustände eindeutig festzulegen. Dies erlaubt die beobachtete Anregungsstärke mit Modellen der Kernstruktur im Detail zu vergleichen. Bei den laufenden Untersuchungen der unelastischen Anregungen geht es um die Bosonenstruktur ausgewählter Kerne und deren Kopplung an fermionische Freiheitsgrade. Die Transferreaktionen untersuchen die Verteilung von Einteilchenstärken auf Grund der Ankopplung an innere Freiheitsgrade des Kerns bzw. um die Bestimmung der Eigenschaften bestimmter Kernzustände. Beispiele hierzu ist die Auflössung der gesamten Einteilchenzustände an Isotopen von Gold und Platin. Dort konnten aufgrund gruppentheoretischer Argumente erstmals Hinweise auf die Existenz von Supersymmetrie in Kernen gefunden werden. Ein Cover-Artikel in "Spektrum der Wissenschaft" gibt einen Einblick in die aktuellen Forschungsergebnisse. Gegenwärtig haben wir eine besonders leistungsfähige Quelle polarisierter Ionen am Münchener Tandembeschleuniger in Betrieb, die regelmäßig zu Kernspektroskopie-Experimenten am Q3D genutzt wird.
HERMES: Tiefunelastische Streuung hochenergetischer, spinpolarisierter Elektronen an spinpolarisierten Protonen bzw. Deuteronen
Bei diesem Vorgang, der als quasifreie Streuung der Elektronen an den Quarks der polarisierten Nukleonen verstanden wird, geht es um präzise Messungen zur Frage, welcher Anteil des Spins der Nukleonen von den Quarks getragen wird. Messungen dazu werden im Rahmen der HERMES Kollaboration am HERA Speicherring ausgeführt. Die Streureaktionen erfolgen an einem polarisierten, internen, fensterlosen Gastarget im Ring. Wir haben hierzu Apparaturen entwickelt, die unter Ausnutzung der Breit-Rabi-Aufspaltung von Wasserstoff bzw. Deuteriumatomen im Grundzustand intensive spinpolarisierte Atomstrahlen erzeugen. Diese werden anschliessend für die Dauer von etwa 1 ms in einer offenen Speicherzelle gehalten und bilden so ein Target hoher Polarisation und genügender Dichte für den zirkulierenden Strahl von 30 GeV polarisierten Elektronen. Zur Kontrolle der Polarisation dieser gespeicherten Atome entwickelten wir ein Breit-Rabi-Polarimeter, welches die Besetzungen der Hyperfeinstrukturzustände in einem aus der Zelle entnommenen Probestrahl bestimmt. Mit diesem präzisen Messgerät gelang es z.B. erstmals, Effekte von Spinaustauschstößen zwischen spinpolarisierten Atomen im Detail nachzuweisen.